Die Informationen dieses Beitrags habe ich zum groessten Teil schon in verschiedenen anderen Artikeln erwaehnt - dennoch bekomme ich immer wieder Mails mit Fragen zu Auslandsstudium, Auslandssemester bzw. Leben als Austauschstudent an der Yonsei University in Korea. Daher moechte ich mit diesem Beitrag Auszuege einiger von mir zu diesem Thema verschickten Emails veroeffentlichen.
Generelles & Erster Eindruck
Die Yonsei war auf ihre internationalen Studenten sehr gut vorbereitet -
was bei fast 350 Neuankoemmlingen aus aller Welt, darunter 11 Deutsche,
auch notwendig erscheint. In der Anfangsveranstaltung wurde uns der
Ablauf und die Kurswahl sehr gut erklaert, so dass ich hierbei keinerlei
Probleme hatte. Daneben gibt es verschiedene studentische Organisationen
und Clubs, die sich um das Wohl der auslaendischen Gaeste bemuehen. So
gibt es Touren durch Seoul, Vortraege zur koreanischen Kultur,
Kinoabende, Buddy- und Sprachtandem-Programme. Der Campus der Yonsei ist
riesig, aber dank dem wunderbaren Aufenthaltsraum "Global Lounge", in
dem man nicht nur lernen, sondern auch auf gemuetlichen Sesseln etwa 15
internationale Nachrichtenkanaele (u.a. auch Deutsche Welle) verfolgen
kann, laesst sich wunderbar und in einer lockeren Atmosphaere Kontakt zu
anderen Austauschstudenten und/oder den lokalen Studenten aufbauen. Und
diese sind auch ueberwiegend sehr interessiert. Man braucht jedenfalls
keine Angst haben, hier zu vereinsamen.
Der Unterricht ist etwas verschulter als an der TU Braunschweig und
zeichnet sich dementsprechend durch eine geringe Kursteilnehmerzahl,
Hausaufgaben und Anwesenheitspflicht aus. Auch die Bindung zu den
Professoren ist enger, d.h. es werden gemeinsame Abende organisiert und
es ist nicht ungewoehnlich, wenn Professoren an Partys teilnehmen und
ihre Studenten zum Alkohol-Konsum (leider auch ein wesentlicher Aspekt
der koreanischen Kultur) auffordern, dem zumindest die einheimischen
Studenten aus Respekt kaum wiedersprechen koennen.
Ich wurde korrekt als Graduate Student eingestuft und konnte
dementsprechend Kurse sowohl aus dem Undergraduate-Bereich als auch dem
Graduate-Bereich waehlen. Dabei gilt es, ein Minimum von 9 Credits (ca.
3 Vorlesungen) einzuhalten, dass Maximum liegt fuer
Undergraduate-Studenten bei 18 Credits und fuer Graduate-Studenten bei
15 Credits. Neben den regulaeren Kursen werden auch verschiedene
Koreanisch-Kurse angeboten, je nachdem, wie intensiv man sich mit der
Sprache beschaeftigen moechte.
Ich denke, dass sich auch die zukuenftigen Studenten der TU Braunschweig
hier wohl fuehlen werden, allerdings moechte ich dringend dazu raten,
sofern keine Kontakte nach Korea bestehen, dass sich diese fuer das
Studentenwohnheim bewerben. Die Wohnungssuche ist hier leider sehr
anstrengend und schwierig. Eine Teilnahme an dem Buddy-Programm duerfte
daneben den Einstieg erleichtern und die Partner helfen sicher gerne bei
der Anschaffung des wohl wichtigsten Gegenstandes in Korea: dem
Mobiltelefon.
Details zur Kurswahl
Generell gilt, dass Kurse im Umfang von mindestens 9 bis maximal 12, 15 bzw. 18 Credits
kurz vor Beginn des Semester gewaehlt werden muessen bzw. koennen. Dies erfolgt
komfortabel ueber eine Webseite. Dabei ist eine Frist zu wahren. Eine rechtzeitige
Anmeldung puenklich zur Eroeffnung des Verfahrens ist empfehlenswert, da ich von einer
begrenzten Teilnehmeranzahl je Kurs ausgehe. Die Kurswahl kann innerhalb der ersten
Semesterwoche noch geaendert werden, danach prinzipiell jedoch nicht mehr. Eine gewisse
Ausnahme stellt die sogenannte Ruecktritts-Periode dar, welche kurz nach den
Zwischenpruefungen liegt, d.h. in der Mitte des Semesters. In diesem Zeitraum koennen
Kurse unter Wahrung der minimalen Anzahl an Credits abgewaehlt werden. Diese Kurse
erscheinen jedoch weiterhin - entsprechend gekennzeichnet - auf dem Transcript.
Die Anzahl der maximalen Credits ergibt sich wie folgt:
1) Das 12 Credit-Limit gilt fuer Studenten, die mind. einen (max. zwei
aufeinanderfolgende Kurse pro Semester moeglich) Sprachkurs am Korean Language Institute
belegen. Dabei handelt es sich um einen Intensivkurs, vergleichbar mit dem vom
Sprachenzentrum der TU angebotenen Deutschkurs, d.h. Mo-Fr. jeweils 4 Stunden am
Vormittag (10 Wochen). Ein Sprachkurs wird mit 6 Credits angerechnet, und die Teilnahme
an diesem Programm ist auf wenige Austauschstudenten pro Semester begrenzt, d.h. bei
Interesse sollte man sich fruehzeitig im Buero der Division of International Education
and Exchange anmelden.
2) Das 15 Credit-Limit gilt fuer Graduate-Studenten.
3) Das 18 Credit-Limit gilt fuer Undergraduate-Studenten.
Ein Unikurs hat i.d.R. einen Umfang von 3 Credits.
Neben dem Intensivsprachkurs gibt es fuer Interessierte als Alternative einen weniger
intensiven Kurs, am Abend, Mo-Fr, jeweils 2 Stunden, ueber das gesamte Semester. Fuer
diesen Kurs werden ebenfalls 6 Credits angerechnet, das Credit-Limit von Punkt 1) findet
dann meines Wissens jedoch keine Anwendung.
Ansonsten gilt: In den meisten Unikursen gibt es sowohl Zwischenpruefungen als auch
Abschlusspruefungen, aus denen sich die Endnote zusammensetzt. In einigen Kursen,
zumindest im Graduatebereich, werden stattdessen Seminararbeiten gefordert. Es besteht
Anwesenheitspflicht (i.d.R. mind. 70% bei Unikursen, 80% bei Sprachkursen) und das
Aufsteigen in den naechsten Level bei den Intensivsprachkursen erfordert mind. 60% der
Punkte in allen Pruefungsabschnitten.
Meine Wahl war wie folgt:
1. Semester:
1) Graduate Kurs "Culture and Business" (Marketing)
Behandelt sehr interessante Themen aus dem Bereich Marketing, ist allerdings auch sehr
fordernd. Es gibt zwar offiziell keine Zwischen- und Abschlusspruefungen, jedoch gab es
ein "Quiz", dass einer Zwischenpruefung nahekommt. Ausserdem muessen ein ca. 7-seitiges
Research-Paper zu einer kulturellen Institution sowie ein 20-seitiges Research-Paper zu
einem relevanten Thema angefertig werden. Ausserdem gibt es jede Woche teilweise sehr
umfangreiche und nicht immer leicht verstaendliche Artikel bzw. Buchauszuege zum
eigenstaendigen Durcharbeiten, die im Unterricht anschliessend diskutiert werden. Auf
Grund der Teilnahme an dem Intensivsprachkurs habe ich mich letztendlich fuer den
Ruecktritt von diesem Kurs in der Withdrawl-Period entschieden.
2) Undergraduate-Kurs "Modern Korean Society and Culture"
In diesem Kurs wird die Geschichte und wirtschaftliche sowie kulturelle Entwicklung
Koreas behandelt. Der Kurs ist interessant und auch der Dozent gefaellt mir sehr gut.
Koreaner sind oft sehr viel weniger selbstkritisch als wir Deutschen, daher wurde ich
teilweise positiv ueberrascht, wie gut und offen von diesem koreanischen Dozenten auch
auf die Schwierigkeiten der Gesellschaft eingegangen wird. Auch hier gibt es woechentlich
Artikel als Hausaufgabe, die jedoch nicht ganz so umfangreich und auch leichter
verstaendlich sind.
3) Intensivkurs Koreanisch
Ich belege den Intensivkurs Koreanisch im 2. Level (von 8 ). Der Kurs zeichnet sich durch
eine kleine Teilnehmeranzahl (ca. 12 Schueler) und sehr motivierte Lehrkraefte aus. Die
Teilnehmer kommen fast alle aus verschiedenen Laendern und ich bin der einzige
Austauschstudent in meiner Klasse. Die anderen Teilnehmer belegen nur diesen Sprachkurs
und sind nicht an der Uni eingeschrieben. Der Kurs macht sehr viel Spass, bedeutet aber
auch viel Arbeit. Innerhalb von 4 Stunden lernen wir sehr viel: Taeglich kommt neue
Grammatik hinzu und insbesondere auch neue Vokablen. Es gibt taeglich Hausaufgaben (in
einem moderaten Umfang), und Nachbereitung ist auch wirklich notwendig. Da die meisten
Teilnehmer jedoch sehr viel Geld fuer diesen Kurs bezahlen, ist die Motivation recht gut,
was natuerlich auch den Lernprozess foerdert.
Da mich der Sprachkurs sehr voranbringt, habe ich mich entschlossen, im zweiten Semester
keine weiteren Unikurse zu belegen, sondern entsprechend dem Credit-Limit zwei weitere
10-woechige Intensivsprachkurse zu belegen.
Unterkunft - Wohnung oder doch lieber Studentenwohnheim?
Die Wohnungsmieten in Seoul sind sehr hoch, und momentan sogar am steigen - jedenfalls ging sowas gerade durch die Medien.
Die meisten Austauschstudenten leben im International Dorm. Im Gegensatz zu den anderen Dorms der Yonsei ist dieses nicht ganz so restriktiv. Ich kenne zwar nicht die Details, aber ich glaube die Ausgehsperre ist nicht so strikt oder gilt zumindest nicht am Wochenende. Kann ich Dir aber nicht garantieren, dass hab ich irgendwo mal nebenbei so aufgeschnappt. Die groessten Vorteile des Dorms sind 1) die geringen Kosten und 2) die Naehe zum Campus. Du brauchst gerade mal 5 Minutenvom Dorm zum Hoersaal. Ausserdem kann man so natuerlich leicht Freunde finden. Nachteil ist - zumindest aus meiner Sicht - dass man dadurch einfach zu viel Kontakt zu anderen Auslaendern hat. Mich interessiert Korea sehr (bin auch hauptsaechlich zum koreanisch lernen hier), und ich habe einfach keine Lust, 24 Stunden von Amerikanern und anderen Auslaendern umgeben zu sein. Fast alle meine Freunde hier sind Koreaner. (Liegt auch daran, dass ich schon oefters hier war). Ausserdem teilt man sich ein Zimmer mit einem anderen Studenten. Ist auch nicht jedermanns Sache.
Die Wohnungssuche ist leider sehr schwierig. Von denjenigen Studenten, die nicht im Wohnheim leben, wohnen die meisten in sogenannten Hasuk-Jibs. Das ist eine Art privates Wohnheim. Du hast dort i.d.R. ein eignes moebliertes Zimmer, teilst aber Bad mit den anderen Bewohnern. Dort wohnen oft auch viele Koreaner und es gibt wirklich super viele Hasuks rund um die Uni (fuer dich interessant: East Gate-Bereich der Yonsei). Hinzu kommt noch, dass im Preis auch Verpflegung inbegriffen ist, d.h. zumindest zwei Mahlzeiten, wenn nicht sogar drei. Weiss ich nicht genau, bzw. ist wohl auch unterschiedlich. Manche sehen dies als Vorteil an, manche als Nachteil. Kommt sicher auch drauf an, wie gut die Hausdame kochen kann und wie Abwechselungsreich das Essen ist. Du solltest aber auch im Hinterkopf haben, dass Koreaner sehr viel ausgehen, und das kostet natuerlcih auch Geld. Manche Studenten aergern sich dann, das Essen quasi doppelt zu bezahlen. So guenstig sind die Hasuk-Jibs naemlich leider auch nicht. 300.000 ~ 450.000 Won solltest Du schon einkalkulieren.
Moechtest Du ein (kleines!!) Ein-Zimmer-Apt mit eigenem Bad, kleiner Kochnische, musst Du mit AB ca. 300.000~400.000 rechnen. Leicht auch 500.000 Won. Groesstes Problem: Bei vielen Apartments werden SEHR hohe Kautionen verlangt. In der Regel gilt: Je geringer die monatliche Miete, desto hoeher die Kaution. Das liegt daran, dass die Vermieter mit der Kaution spekulieren. Ich habe mich nach meiner Ankunft um die Yonsei herum nach einem One-Room Apt. gesucht und nichts passendes gefunden. Preis-Leistungsverhaeltnis stimmte nie, vor allem hab ich nicht selten Kautionen ab 2000 Euro bis 20000 Euro angeboten bekommen. Das war echt zum verzweifeln.
Ein Problem ist auch, dass das Wohnheim schnell ausgebucht ist, Du Dich also moeglichst rasch entscheiden musst. Ein Hasuk findest Du sicher immer noch, aber wie gesagt, auch nicht gerade billig.
Da Du nur ein Semester bleibst, und (ich nehme mal an) weder Koreanisch sprichst noch hier bereits koreanische Freunde hast, waere das WOhnheim vielleicht wirklich die beste Wahl. Mit English kommt man bei der Wohnungssuche naemlich auch nicht weit.
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